Ferne Horizonte

Die Welt in Jahrmillionen

Die neue Anthologie mit namhaften Autoren und zahlreichen, farbigen Illustrationen aus dem Hirnkost Verlag Berlin, 2023.

ISBN: 978-3-98857-012-3  Hardcover, 372 Seiten, mit Leseband, 32.-Euro

FERNE HORIZONTE – Entfernte Verwandte
Unter diesem Titel erscheint Ende April die nunmehr vierte EXODUS-Anthologie im Buchformat im Hirnkost-Verlag. Die letzten Arbeiten für die wiederum aufwendig gestaltete und durchgehend farbig illustrierte Story-Sammlung im Hardcoverformat wurden soeben beendet. (Hersg. René Moreau und Hans Jürgen Kugler)

Über den Inhalt: In einer weit entfernten Zukunft, Millionen Jahre später, auf diesem Planeten. Der nicht wiederzuerkennen ist. Kontinente haben sich verschoben. Berge wurden abgetragen, neue Gebirgsketten falteten sich auf. Auf unerträglich heiße Wärmeperioden folgten ungezählte, Jahrtausende lang währende Eiszeiten. Meere verdunsteten oder bildeten sich im Binnenland neu. Globale Katastrophen löschten einen Großteil der Geschöpfe auf dem Land und in den Meeren aus, aber darauffolgende Blütezeiten des Lebens brachten explosionsartig wieder die unterschiedlichsten Lebewesen hervor. 

Auf diesem Planeten lebten einmal Menschen, inzwischen längst ausgestorben. Oder gibt es sie doch noch, irgendwie? Wird irgendetwas auch in fernster Zukunft auf unsere Existenz zurückzuführen sein?

Als Beitrag zum Thema, der „Tanz der Krebse“ – eine Kurzgeschichte von Alexa Rudolph

Leseprobe

aus Tanz der Krebse/Alexa Rudolph/2023

»In diesem Jahrhundert, in dem der Mensch danach trachtet, zahllose lebendige Formen zu zerstören, ist es notweniger denn je zu sagen, wie die  Mythen es tun, dass eine wohlgeordnete Humanität nicht mit sich selbst beginnt, sondern die Welt vor das Leben setzt, das Leben vor die Menschen und die Achtung der anderen Wesen vor die Selbstliebe; und dass selbst ein Aufenthalt von ein oder zwei Millionen Jahren auf dieser Erde, da er auf alle Fälle ein Ende haben wird, nicht irgendeine Rasse, und sei es auch der unseren, als Entschuldigung dafür dienen kann, sie sich gleich einem Ding anzueignen und sich darin schamlos und rücksichtslos zu verhalten.«
(Claude Lévi-Strauss, Der Ursprung der Tischsitten)

#Schlussstrich

Ich bin das letzte Lebewesen der Gattung Mensch. Auch meine Zeit wird bald abgelaufen sein. Schon seit zweihunderttausend Jahren spüre ich ein Frösteln. Es kündigt meinen Abschied an. Zittern in den Händen. Beine wie Blei. Die Augen getrübt. Das Haar, ein Mantel aus Filz. Schicht für Schicht gewachsen. Nie geschoren. Was für eine Last! Schwerfällig wandere ich durch die Wüste. Meine Stimme klingt fremd: »Herr, wie lange noch?«

Eine Wüste aus Schmutz. Abfall bis zum Horizont. Plastikgebirge, bunt und stinkend. Ein Meer aus Öl, dunkel und träge. Blechtürme, rostig und hohl. Knochenoasen, bleich und faulig. Aus Notdurft und Blähungen eine gruselige Welt geformt. Meine Vorfahren waren bequem, gelangweilt, widerborstig und ignorant. Gewissenlos. Kriminell. Jeder dachte nur an sich. Auch ich. Wir waren intelligent, aber wir haben versagt. Wir haben gestritten. Wir haben uns gegenseitig die Haut heruntergerissen. Wir haben unsere Sprache verloren. Wir haben geschwiegen, immerzu geschwiegen.

Ich wandere allein. Mein Alleinsein schmeckt süß. Kein Hass, kein Neid, kein Krieg, kein Gesetz. Oh, herrliche Einsamkeit… etc…