Das seltsame Leben der Scarlett Ostermann
(288 Seiten, 2013,Verlag Kern, Roman, ISBN: 978-3944224763)
Leseprobe
Vaters Tod habe ich kaum wahrgenommen. In der Klinik fütterten sie mich mit Tabletten, die mich schläfrig machten. Ich lag in einem Zimmer mit dem Namen „Schöne Aussicht“. Sie stellten Rosen auf den Nachttisch und sagten, ich dürfe essen, worauf ich Lust hätte. Es fiel mir schwer, einen Wunsch zu äußern.
Butterbrot mit Honig, nichts sonst, sagte ich. Leise zogen sie die Tür hinter sich zu und ich ließ das kräftige Brot mit dem duftenden Honig auf dem Teller liegen.
Die Tage waren mühsam, die Nächte nahmen kein Ende. Alle Gespräche mit den Ärzten und Therapeuten endeten damit, dass ich auf meinen Zug wartete, der endlich abfahren würde.
Und dann kam Paul.
Anmerkung der Autorin:
„Dieser Roman liegt etwas länger zurück, ist meine erste längere Erzählung und handelt von einer Entführung. Ein sehr junges Mädchen – Scarlett – glaubt, dass sie ihrer großen Liebe begegnet ist, ihr Vertrauen wird jedoch missbraucht und sie wird drei Jahre lang von ihrem Freund eingesperrt. Meine Protagonistin hat eine scharfe Beobachtungsgabe, mit der sie die Geschäftigkeit ihrer heimatlichen Kleinstadt und die Marotten ihres Entführers ebenso kühl analysiert, wie ihre spießigen Eltern und andere Menschen, denen sie nach ihrer Rettung begegnet. Ihr späteres Leben bleibt zwar rast- und beziehungslos, aber sie gewinnt für sich an fast übermenschlicher Stärke.
Natürlich kannte ich die Fälle Kampusch und Fritzl, das sind Themen, die einen Autor reizen. Ich habe meine eigene, fiktive Geschichte daraus gemacht, die keine Entsprechung in der Realität findet.“