Im Keller brennt Licht

In den dreizehn ungehörigen Geschichten geht es um die komischen und grotesken Seiten des Alltags: Die Schwester eines Nachbarn stirbt an Lungenkrebs, direkt vor der Haustür ereignet sich ein Unfall, bei dem Milch ausläuft, eine Obdachlose verteidigt ihre Parkbank, eine alte Taschenverkäuferin dreht dem Bischof einen Lügenbeutel an. Und das Leben geht weiter. Doch geht es genauso weiter? Wohl kaum. In der Titelgeschichte „Im Keller brennt Licht“ tyrannisieren zwei Rentner ihre Ehefrauen mit ihren Sparticks, diese wiederum fliehen in den Alkohol. Gescheitert wird in den Erzählungen mit tragisch-komischem Unterton. Mit viel Ironie und Lakonie wird der alltägliche Ausnahmezustand beschrieben. Die Zeit vergeht und wir mit ihr.
(160 Seiten, 2009, Verlag modo, Hardcover, Kurzgeschichten, ISBN: 978-3868330137)

Leseprobe

Er wiegt mindestens hundertzwanzig Kilo, ist über siebzig, trägt Glatze und blaue Badehose. Zu Lande bewegt er sich wie eine Schildkröte auf dem Rücken, im Wasser pendelt er aufrecht wie eine Boje und schaut aufmerksam in die Runde. Dann versenkt er den Blick in sich selbst. Rechts und links arbeiten Schwimmerinnen, zählen stumm ihre Bahnen, haben die Uhr fest im Blick, fräsen sich durchs Wasser, tauchen beim Anschlag gekonnt unter und sind zum nächsten Angriff auf ihren inneren Schweinehund bereit.
Er, ganz stiller Genießer, hängt Bauch abwärts in seinem Schwimmgürtel aus Hartschaum und murmelt. Murmelt! Nicht wie ein idyllisches Bächlein im Schwarzwald, dessen Wispern das Ohr liebkost und das Herz betört. Er meint es ernst, ist ganz bei der Sache. Er ist Profi. Sozusagen professioneller Vor-sich-hin-Murmelnder. Murmeln ist weniger als Flüstern, ist weniger als leise sprechen, ist gedankenverloren, selbstvergessen. Hat auch etwas Unsoziales, denn für Außenstehende scheint das gemurmelte Wort nicht bestimmt zu sein. Man muss schon verdammt gute Ohren haben, um etwas zu verstehen. Wenn überhaupt.

Anmerkung der Autorin:

„Der Band mit den dreizehn ungehörigen Geschichten erzählt von tragisch-komischen Situationen, vom Scheitern und Gelingen des Lebens. Leider ist das Buch inzwischen im Verlag vergriffen, hat aber damals eine sehr gute Aufmerksamkeit bei den Besprechungen bekommen und mich ermutigt, weiter zu schreiben. Das Sonderbare, Skurrile und Groteske zieht mich an und wird mich auch zukünftig nicht loslassen. Ich habe mich mit Pirandello, dem italienischen Dramatiker, beschäftigt, vielleicht hat das ein bisschen abgefärbt. Meine Geschichten sind nicht nett, sie sind letztendlich ein Spiel, auf das sich der Leser einlassen muss, selbst um den Preis des Scheiterns. Alles darf infrage gestellt werden. Eben ungehörig.“