Das Schweigen der Schweine

Auf einem Bauernhof im Schwarzwald ereignen sich besorgniserregende Dinge: Ein Kind wird entführt, einem Schaf fehlt der Kopf, ein Hühnerfuß liegt in der Wäsche und die Bäuerin schließlich tot im Stall. Kommissar Hans-Josef Poensgen, der seit einer Hooligan-Attacke im Rollstuhl sitzt, stößt auf mysteriöse Rituale, liebenswürdige Schwarzwälder und mehr kriminelle Energie, als er es sich je hätte träumen lassen.
Frech, raffiniert und ziemlich böse.
(272 Seiten, Juli 2016,Verlag emons, Kriminalroman, ISBN: 978-3954519514)

Leseprobe:

Sie nahm den rückwärtigen Eingang ins Schweinegehege. Die Schweine gerieten in helle Aufregung, als sie Erna hörten. Fünf riesengroße, feiste Säue drängten sich gegenseitig fort, und im Nu war Krieg im Stall. Sie trampelten und fielen übereinander her, grunzten und quiekten, bissen sich in Ohren und Schwänze, stürzten und rollten, immer in der Absicht, die erste Sau am Fresstrog zu sein. Ihre fleischigen, sabbernden Rüssel arbeiteten wie Staubsauger und putzten selbst das winzigste Krümelchen aus der Futterrinne weg, als wollten sie Erna zeigen, dass wirklich nichts mehr da war. Ihre Knopfaugen blitzten trotz Dunkelheit silbergrau und himmelblau, waren umkränzt von farblosen Borsten; sie sahen schrecklich menschlich aus.
Erna wusste, dass etwas passiert war, was jede Dimension ihres Denkens und Fühlens sprengen würde. Sie hatte eine Ahnung und Furcht gehabt, hatte sich wappnen wollen – mit einer Waffe, die sie im Schweinestall versteckt hatte.

Anmerkung der Autorin:

„Hauptkommissar Poensgen aus Freiburg, der in meinem Schwarzwaldkrimi seinen ersten Auftritt hat, ist zwar eine fiktive Figur, es gibt für ihn aber ein Vorbild. Vor Jahren wurde in Köln ein Polizist bei einer Auseinandersetzung mit Hooligans folgenschwer verletzt. Hans-Josef Poensgen war damals als Figur noch nicht geboren, aber ich habe mir schon Notizen gemacht und mit Menschen im Rollstuhl über ihre Schwierigkeiten im Alltag gesprochen. Später, vor die Aufgabe gestellt, mir einen Ermittler oder eine Ermittlerin auszudenken, war für mich klar, dass es ein Mann sein muss, einer der eine physische oder psychische Einschränkung hat, die für Entschleunigung sorgt; ein Ermittler also, der nicht in Hektik und sinnloser Hast jedes menschliche Maß ignoriert. Schneller, höher, weiter, das ist nicht mein Ding. Spannung geht auch anders. Ich schreibe gern für Leser, die nicht sofort weiter blättern, wenn mal ein Kapitel mit einer Landschaftsbeschreibung beginnt. Entschleunigung heißt für mich unter anderem auch Muße, um mal einen Seitenaspekt auszuarbeiten. Mein Poensgen, mein Ermittler mit Handicap, der auch Musik und Malerei schätzt, rennt nicht von morgens bis abends bewaffnet durch die Gegend, oder hat ständig das Telefon am Ohr. Poensgen sammelt Affenminiaturen, liebt die Natur, liest und diskutiert über die Dinge des Lebens. Ich habe eine widerborstige aber liebenswerte Figur erfunden, weil wir beide, der Hans-Josef und ich, es noch eine Weile zusammen aushalten wollen. Also, ich sage das jetzt mal ganz sentimental: Dieser fiktive Mann ist für mich realistisch, den habe ich mit besten Zutaten für meine Leser gebacken. Und weil der Schwarzwald meine Lieblingsheimat ist, durfte er dort die schwierige Aufgabe übernehmen, in einem alten, engen Bauernhof zu ermitteln.“